ÖB 03/2025: „Geld allein schießt keine Tore““

Ökonomen-Barometer legt im März deutlich zu. Volkswirte sehen mit Finanzpaket der Regierung bessere Perspektiven für Deutschland. Warnungen vor negativen Effekten.

Von Wolfgang Ehrensberger

Die wirtschaftlichen Perspektiven für Deutschland haben sich nach Einschätzung
führender Volkswirte im März deutlich aufgehellt. Das ist das Ergebnis des Ökonomen-Barometers, einer exklusiven monatlichen Umfrage von €uro am Sonntag. Demnach klettert der Barometerwert für die Einschätzung der
aktuellen Wirtschaftslage um 15,7 Prozent auf 27,2 Punkte. Die Prognose für die Entwicklung der kommenden zwölf Monate legt sogar um 28,6 Prozent auf 25,2 Punkte zu. In den Kommentaren führen viele Volkswirte ihre positivere Einschätzung auf das geplante Finanzpaket der Regierung und die Erwartung starker fiskalischer Impulse für die Wirtschaft zurück.

Über die Details des Pakets wird allerdings kontrovers diskutiert. Die Ökonomen warnen insbesondere vor ungezügelter Schuldenaufnahme, Inflationsrisiken, Fehlinvestitionen und ausbleibenden Strukturreformen.

Kontroverse Diskussion

Union und SPD hatten sich vergangene Woche auf das mehrere Hundert Milliarden Euro schwere Investitionspaket verständigt. Es sieht die Lockerung der Schuldenbremse für Rüstungsausgaben so wie ein Sondervermögen für Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro vor. Eine Einigung mit den Grünen ist dazu allerdings noch nicht erzielt worden, die Gespräche laufen derzeit noch. Auch die Volkswirte liegen bei Detailfragen teilweise weit auseinander. So stimmte in der Ökonomen-Barometer-Umfrage eine Mehrheit von 63,8 Prozent einer Lockerung der Schuldenbremse für Rüstungsausgaben zu, 25,5 Prozent lehnen dies ab.

Auf weit weniger Unterstützung stößt dagegen das Sondervermögen für Infrastruktur. Lediglich 36,2 Prozent der Teilnehmer sind dafür, 38,3 Prozent lehnen es ab, bei 25,5 Prozent Enthaltungen. „Der Begriff Infrastruktur ist nicht abgegrenzt und lässt alles zu“, kritisiert Gerhard Wegner von der Uni Erfurt. Hauck-Aufhäuser-Lampe-Chefvolkswirt Alexander Krüger wiederum befürchtet Engpässe bei der Umsetzung: „Geld allein schießt noch keine Tore, es braucht auch entsprechend Arbeitskräfte.“ Das Paket komme Jahrzehnte zu spät, erläutert Dirk Ehnts (TU Chemnitz). Wichtig sei jetzt die Durchführung. Das Risiko sei Inflation als Folge zu starker Nachfrage in einigen Sektoren und ineffiziente Ausgaben.

Strapazierte Demokratie

Das Finanzpaket soll noch vom alten Bundestag beschlossen werden, weil Union, SPD und Grüne im neuen Bundestag, der sich am 24./25. März konstituiert, keine
Zweidrittelmehrheit mehr haben. Diesem Vorgehen stimmen 55,3 Prozent der Ökonomen zu, 23,4 Prozent lehnen es ab, bei 21,3 Prozent Enthaltungen. „Aus pragmatischen Gründen kann ich dieses Vorgehen verstehen, aber es widerstrebt meinem demokratischen Empfinden“, bringt der Wettbewerbsökonom Justus Haucap seinen inneren Zwiespalt auf den Punkt. Siegfried Franke (Uni Buda
pest) sieht einen Widerspruch zum Geist des Grundgesetzes. Volker Nitsch von der TU Darmstadt bezweifelt, dass dieses Vorgehen rechtlich Bestand haben wird.
Dagegen bezeichnet Karl Mosler von der Uni Köln das Vorgehen als „verfassungsmäßig korrekt und politisch notwendig“.

Bemerkenswerte Antworten lieferte die Frage nach den grundsätzlichen Präferenzen bei der Finanzierung zusätzlicher Staatsausgaben. So sprachen sich 57,8 Prozent der Teilnehmer für die Lockerung der Schuldenbremse aus, 42,2 Prozent dagegen. Sogenannte „Sondervermögen“, also Kreditlinien außerhalb des Bundeshaushalts, befürworten 64,4 Prozent, 35,6 Prozent lehnen sie ab. Abbau öffentlicher Ausgaben (Subventionen, Steuervergünstigungen, Soziales) halten 93,5 Prozent für richtig, 6,5 Prozent für falsch. Für Steuererhöhungen sprechen sich dagegen nur 28,3 Prozent aus, 71,7 Prozent lehnen sie ab. Bürokratieabbau und Deregulierung befürworten wiederum 97,8 Prozent der Teilnehmer.

Schließlich sollten die Volkswirte noch eigene Vorschläge liefern, wie das Investitionspaket finanziert werden könnte. „Sozialausgaben zurückführen“, rät Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg). Lars Krömer, Chefvolkswirt beim Arbeitgeberverband Gesamtmetall, verweist auf die Staatsquote von fast 50 Prozent. „Die öffentlichen Ausgaben müssen effizienter und effektiver werden.“ Volker Hofmann, Chefvolkswirt beim Bankenverband BdB, empfiehlt „eine grundlegende Reform der Schuldenbremse, die die Solidität der Staatsverschuldung gewähren kann“.

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