ÖB 05/2024: „Konsumstimmung ist weiter grottig“

Ökonomen-Barometer hellt sich im Mai weiter auf. Zweifel an Erholung der privaten Nachfrage bleiben

Von Wolfgang Ehrensberger

Das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag hat sich in der Mai-Umfrage weiter aufgehellt. Das betrifft die Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Deutschland, die sich um 1,9 Prozent auf 32,4 Punkte verbessert hat. Auch die Prognose für die kommenden zwölf Monate erhöhte sich um 2,1 Prozent auf 29,7 Punkte. Im Vormonat April hatten beide Werte mit zwölf und 23 Prozent allerdings noch deutlich stärker zugelegt. Die Aufwärtsbewegung hat sich damit wieder etwas verlangsamt. Grundlage des Barometers ist eine von €uro am Sonntag moderierte monatliche Befragung unter führenden Ökonomen aus dem deutschsprachigen Raum. Die Ergebnisse liegen insgesamt im Trend der jüngsten Wirtschaftsdaten. So war der Ifo-Geschäftsklimaindex drei Monate in Folge gestiegen und erreichte zuletzt den höchsten Stand seit Mai 2023. Im ersten Quartal 2024 ist die deutsche Wirtschaft außerdem entgegen allen Befürchtungen nicht geschrumpft, sondern um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen, wie vorläufige Zahlen des Statistischen Bundesamts ergeben haben.

Konsum in einer Schlüsselrolle

Auch die Stimmung der Konsumenten scheint sich allmählich zu bessern. So stieg das Barometer für das Konsumklima, das vom Nürnberger Institut für Marktentscheidungen ermittelt wird, im Mai deutlich um 3,1 Punkte auf minus 24,2 Punkte an. Es ist der dritte Anstieg in Folge und der höchste Wert seit zwei Jahren. Damit bewegt sich dieses Barometer aber immer noch auf einem überaus niedrigen negativen Niveau. Dem privaten Konsum könnte in diesem Jahr eine Schlüsselrolle zukommen, die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen, denn er steuert rund die Hälfte zum Bruttoinlandsprodukt bei. Dabei hat sich die private Konsumnachfrage von ihrem pandemie-bedingten Einbruch seit 2020 noch immer nicht erholt – im Gegenteil. Die Inflation hat den deutschen Verbrauchern offenbar nachhaltig die Laune verdorben. So lag der private Konsum im Schlussquartal 2023 auf dem Niveau von 2017 – und ging im ersten Quartal 2024 weiter zurück.

Steigende Reallöhne als Treiber

Die Hoffnung ist, das sich die private Nachfrage mit den wieder gestiegenen Reallöhnen in diesem Jahr belebt. So verspricht sich das Bundeswirtschaftsministerium davon einen deutlichen Konsumschub und damit auch „wesentliche Wachstumsimpulse“ für die deutsche Wirtschaft. Dazu trügen die höheren Reallöhne in Verbindung mit einer insgesamt robusteren Beschäftigungsentwicklung bei. Damit könnten inflationsbedingte Kaufkraftverluste endlich überwunden werden und der private Konsum sich beleben, so die Hoffnung. Die im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag befragten Experten glauben indes nicht an eine Erholung der Konsumnachfrage. 77 Prozent der Teilnehmer der Mai-Umfrage sind vielmehr der Meinung, dass 2024 vom privaten Konsum keine signifikanten Impulse für das deutsche Wirtschaftswachstum ausgehen. „Die Konsumstimmung ist weiterhin grottig“, bringt es Hauck-Aufhäuser-Lampe-Chefvolkswirt Alexander Krüger auf den Punkt. „Die allgemeine Verunsicherung ist für einen Konsumboom viel zu hoch.“ Tenor der Expertenkommentare in der Mai Umfrage ist, dass vom privaten Konsum zwar Impulse ausgehen könnten, aber eben nur schwache, die das Wirtschaftswachstum nicht signifikant antreiben. Rückläufige Inflation und starke Lohnabschlüsse ließen demnach zwar die Reallöhne steigen, was sich tendenziell positiv auf die Konsumnachfrage auswirke, so Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding. Dennoch seien die Belastungen der Verbraucher weiterhin groß. Wirkliche konjunkturelle Impulse seien deshalb nicht zu erwarten, gibt auch Lars Kroemer, Chefvolkswirt des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall zu bedenken.

Zinsprognose: Skepsis hält an

Bei der Standardfrage zur Zinspolitik der Notenbanken hat sich das Szenario einer ersten Zinssenkung weiter in den Herbst verschoben, vor allem bei der US-Notenbank Fed. Bemerkenswert ist, dass auch bei der EZB nur gut ein Drittel der Teilnehmer eine erste Zinssenkung im Juni erwarten, während die Börse dieses Zinssenkungsszenario schon längst in den Kursen eingepreist hat (siehe Grafik).

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