Das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv hat im Mai den stärksten prozentualen Anstieg seit Januar 2015 hingelegt. Die führenden deutschen Volkswirte schätzen demnach die wirtschaftliche Lage in Deutschland deutlich besser ein als in den vergangenen Monaten. So lag die Bewertung der aktuellen Situation mit 61,5 Punkten um über sieben Prozent über dem Vormonatswert. Der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate verbesserte sich sogar um fast elf Prozent auf aktuell 63,2 Punkte.
von Wolfgang Ehrensberger (Euro am Sonntag)
„Kasse macht sinnlich“
Die im Barometer befragten Ökonomen zeigen eine klare Präferenz, wie die laut Steuerschätzung bis 2020 zu erwartenden Steuer-Mehreinnahmen von maximal 42 Milliarden Euro zu verwenden sind. Vier von fünf der Befragten sprachen sich dafür aus, die zusätzlichen Mittel in Bereiche wie Bildung, Verkehrs- oder IT-Infrastruktur zu investieren (siehe Grafik rechts). Immerhin etwa die Hälfte sieht außerdem Haushaltskonsolidierung und Bewältigung der Flüchtlingskrise als weitere sinnvolle Option an. Für das Motiv Steuerentlastung kann sich dagegen nur ein gutes Drittel der Befragten erwärmen. Nach der jüngsten Steuerschätzung kommen allein in diesem Jahr Mehreinnahmen von fünf Milliarden Euro auf den deutschen Fiskus zu. Bis 2020 sollen es insgesamt bis zu 42 Milliarden Euro sein — die Folge des Wirtschaftswachstums und der steigenden Beschäftigungszahlen.
Doch nicht alle Ökonomen sprechen sich für neue Ausgabenprogramme aus. „Kasse macht sinnlich, aber die Staatsverschuldung ist immer noch zu hoch, als dass schon wieder neue Ausgabenprogramme aufgelegt werden könnten, ohne bestehende zu beenden“, mahnt Juergen B. Donges von der Uni Köln, der beispielsweise ebenso wie Wilfried Fuhrmann (Potsdam) die Kaufprämie für E-Autos für Unsinn hält. DIHK-Chefvolkswirt Dirk Schlotböller wiederum empfiehlt, Abschreibungsverfahren im Steuerrecht zu verbessern, um Anreize für private Investitionen zu geben. Viele Ökonomen wie Ulrich van Suntum (Uni Münster) oder Ralph Wiechers (VDMA) sprechen sich dafür aus, die Mehreinnahmen mehr oder weniger im Gießkannenprinzip auf die verschiedenen Ziele aufzuteilen. Bruno Schönfelder (TU Bergakademie Freiberg) schließlich zieht die Steuerschätzung selbst in Zweifel, die er für viel zu optimistisch hält.
Ein Herz für Bargeld
Die von der EZB beschlossene Abschaffung des 500-Euro-Scheins entzweit die Ökonomen: 38 Prozent der Befragten haben sich in der Mai-Umfrage des Barometers dafür ausgesprochen, 48 Prozent halten die Abschaffung für falsch. Für Justus Haucap (Uni Düsseldorf) ist es ein weiterer Eingriff in die Privatsphäre, Martin Moryson (Sal. Oppenheim) sieht dagegen keinen Eingriff in die persönliche Freiheit und im 200-Euro- Schein adäquaten Ersatz. Martin Kocher (LMU) hält die ganze Diskussion für „völlig überzogen“. Klarer fällt das Votum gegen eine Obergrenze von 5000 Euro für Bargeldzahlungen aus: Zwei Drittel der Befragten lehnen eine solche Obergrenze ab. 90 Prozent sind zudem gegen eine komplette Abschaffung des Bargelds.