Führende Volkswirte lehnen die Pläne der Regierung, Bargeldzahlungen zu begrenzen, mehrheitlich ab. Kritischer Blick auf die Wirtschaftslage. Deutschlands führende Ökonomen beurteilen die wirtschaftliche Lage inzwischen ungünstiger als noch im Januar und Dezember. Vor allem hat sich der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate deutlich eingetrübt. Das ist das Ergebnis der Februar-Umfrage des Ökonomen-Barometers von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv.
von Wolfgang Ehrensberger, Euro am Sonntag (Link zum Artikel)
Während der Barometerstand zur Einschätzung der aktuellen Lage um fünf Prozent auf 57,8 Punkte absackte, reduzierte sich der Prognosewert um zehn Prozent auf 54,1 Punkte. Seit dem letzten Höchststand vor neun Monaten im Mai 2015 mit einem Barometerstand von 63,6 Punkten und einem Prognosewert von 70,9 Punkten hat sich damit der Barometerstand um zehn Prozent verschlechtert. Der Prognosewert für die kommenden zwölf Monate liegt im Vergleich zu Mai 2015 bereits um über 20 Prozent im Minus.
„Vorstufe der Enteignung“
Die Pläne der Bundesregierung zur Einführung einer Obergrenze für Bargeldzahlungen in Höhe von 5000 Euro lehnen die führenden deutschen Ökonomen mit klarer Mehrheit ab (siehe Grafik). Insbesondere sei es nicht effektiv, mit solchen Maßnahmen Kriminalität bekämpfen zu wollen. Mehr noch: Die meisten Ökonomen lehnen eine solche Maßregelung des Bargeldverkehrs grundsätzlich ab, weil sie die persönliche wirtschaftliche Freiheit einschränke. Für fast drei Viertel der Befragten geht eine Beschränkung des Bargeldverkehrs nicht nur mit einem Verlust an persönlicher Freiheit einher, sie wird außerdem bereits als „Vorstufe zu Überwachung, Datenschutzverletzung und Enteignung“ gesehen.
Warnung vor Negativzinsen
„Die Beschränkung des Bargeldverkehrs ist ein weiterer Schritt zur staatlichen Überwachung und ein Verlust an persönlicher Freiheit“, sagt Justus Haucap (Uni Düsseldorf). Wilfried Fuhrmann (Uni Potsdam) verweist auf die sozialen Folgen: „Das Bargeldlimit begünstigt die mobileren Reichen.“ Dagegen steige tendenziell die Altersarmut, weil es immer schwerer werde, wenigstens den Nominalwert der Ersparnisse zu sichern. Auch Ulrich van Suntum von der Uni Münster vermutet in der Bargeldobergrenze eine andere Stoßrichtung: „Dahinter steckt die Absicht, Negativzinsen durchzusetzen. Alle anderen Begründungen sind nicht durchschlagend.“
Nach Einschätzung von Ökonomen wie Tim Krieger (Uni Freiburg), Erwin Amann (Duisburg-Essen) oder Stefan Maly (Investment-Strategiechef BNP Paribas) finden Kriminelle leicht alternative Wege für die Geldwäsche. „Auch im unbaren Zahlungsverkehr gibt es viele Möglichkeiten zur Terrorfinanzierung“, so Maly.
Juergen B. Donges, Emeritus an der Kölner Universität, unterstellt Finanzminister Schäuble die Absicht, das Bargeld ganz abschaffen zu wollen. „Da muss er allerdings noch viel Überzeugungsarbeit leisten, da die Deutschen am Bargeld hängen.“
Zu den wenigen Befürwortern der Bargeldgrenze gehört Friedrich Heinemann vom ZEW Mannheim. Ein „Bankgeheimnis“ gebe es ohnehin nicht mehr. Zudem seien Transparenz und Kontrolle bei grenzüberschreitenden Transaktionen gesellschaftlich akzeptiert.
Im Detail: Die Stimmen der Volkswirte lesen hier nach! (PDF)