ÖB 01/2023: „Ökonomen zeigen sich in Davos optimistisch für 2023 – Doch EZB warnt Aktienmärkte“

Ökonomen-Barometer: Das Ökonomen-Barometer macht einen kräftigen Sprung nach vorn. Die Inflationsdynamik lässt nach. Und Deutsche-Bank-Chef Sewing verbreitet beim World Economic Forum in Davos Zuversicht. Doch die EZB warnt.

Von Wolfgang Ehrensberger (zum Artikel aus boerse-online.de)

Mit einem kräftigen Sprung ist das Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag in das Jahr 2023 gestartet. Die befragten Volkswirte bewerten die wirtschaftliche Lage in Deutschland mit 38,2 Punkten, zehn Prozent höher als im Vormonat. Die Prognose für die kommenden zwölf Monate kletterte um 24 Prozent auf 34 Punkte. Es ist der dritte Zuwachs in Folge seit dem Tiefpunkt von 31 Punkten im Oktober. Gleichwohl ist das Barometer von der 50-Punkte-Linie noch ein ganzes Stück entfernt, die wirtschaftliche Stagnation signalisiert. Im Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag werden monatlich führende Volkswirte zur wirtschaftlichen Lage und zum Ausblick befragt.

Auch Börsenprofis blicken zu Jahresbeginn deutlich optimistischer auf die Wirtschaft in Deutschland, wie der überraschend starke Anstieg des ZEW-Index im Januar signalisierte, den das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) veröffentlicht. Dieser Indikator legte um 40,2 Punkte auf plus 16,9 Punkte zu und befindet sich erstmals seit Februar 2022 wieder im positiven Bereich. Grund dafür ist nachlassender Inflationsdruck und die abnehmende Sorge vor Energieengpässen, was auch die Risiken einer Rezession in Deutschland im Winterhalbjahr reduziert. 

Die Notenbanken dürften Zinsen weiter erhöhen

Die Hoffnung, dass die Notenbanken Fed (USA) und EZB (Eurozone) allzu rasch auf eine moderatere Zinspolitik einschwenken könnten, halten Experten allerdings für verfrüht. „Die Fed wird das Ziel hoher Zinsen erfüllen, sonst muss sie beim Auflammen der Inflation wiederkommen. Das gilt auch für die EZB“, sagte etwa Shareholder-Value-Chef Frank Fischer. Ähnlich äußerten sich Vertreter der deutschen Wirtschaft beim World Economic Forum in Davos. 

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing appellierte laut Nachrichtenagentur Reuters an die Zentralbanken, den „klaren und konsequenten Weg der Zinssteigerungen“ weiterzugehen, um die Teuerung in den Griff zu bekommen: „Wir dürfen um Gottes willen die Inflation nicht unterschätzen.“ Er rechnet für Deutschland und Europa 2023 mit einer Inflationsrate von sieben Prozent und 2025 mit „deutlich unter fünf Prozent“. Aber auch Sewing hält die Warnungen vor einer globalen Wirtschaftskrise für übertrieben. „Man spürt wieder einen leichten Optimismus“, sagte er mit Blick auf den milden Winter und die Öffnung in China.

Signale für eine Aufhellung der Weltwirtschaft registriert auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Kristalina Georgiewa. Die globale Ökonomie werde wohl in diesem Jahr weniger stark wachsen, die Trendwende sollte aber näher rücken. 2023 werde es eine Bodenbildung geben. Die Weltwirtschaft dürfte dann noch um 2,7 (2022: 3,2) Prozent zulegen. Als größte Herausforderungen nannte sie den russischen Angriff auf die Ukraine, die hohe Inflation und die steigenden Zinsen.

Die EZB warnt die Finanzmärkte

Unterdessen deutete auch Bundesfinanzminister Christian Lindner beim Weltwirtschaftsforum in Davos eine Senkung der Inflationsprognose der Bundesregierung an. „Ich erwarte einen Rückgang der -Inflationsrate“, sagte er auf der Veranstaltung. Ende Januar werden neue Wirtschaftsprognosen der Bundesregierung erwartet. Der Höhepunkt bei der Inflation sei hoffentlich bereits erreicht, so der FDP-Chef. 

Die EZB hat die Zinsen seit Juli 2022 viermal angehoben — zuletzt im Dezember um 0,50 Prozentpunkte. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte zu dem Zeitpunkt weitere Erhöhungen im Umfang von jeweils 0,50 Prozentpunkten signalisiert. Die nächste Sitzung der EZB ist am 2. Februar, die Fed tagt tags zuvor. Nach Einschätzung des niederländischen Notenbankchefs Klaas Knot schätzen die Finanzmärkte die künftigen Zinserhöhungen möglicherweise nicht angemessen ein. „Die Marktentwicklungen, die ich in den letzten Wochen gesehen habe, sind nicht unbedingt willkommen“, sagte er. Die Straffung der Zinspolitik werde mindestens bis Jahresmitte gehen.